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Ich sitze auf dem Holzboden unseres Bungalows einer kleinen weltvergessenen Insel, irgendwo in Thailand. Ein leichter Wind zieht durchs Fenster und lässt die Vorhänge an meinen Füßen kitzeln. Wenn gerade Flut ist, kann man das Meer rauschen hören. Bei Ebbe krabbeln an dieser Stelle faustgroße Krebse mit schwarzem Panzer und roten Beinen. Anstatt dem Meeresrauschen hört man nur die Palmen im Wind und manchmal ein paar Grillen. Ich bin zum ersten Mal in Thailand und eigentlich wollte ich hier garnicht unbedingt hin. Man muss alles einmal ausprobieren, hat mal irgendwer gesagt und ein bisschen Sonne wird mir gut tun. Meine Freunde haben vor meiner Abreise gewettet ob es mir hier gefallen würde. „Sie wird es hassen!“ meinte Yvonne. „Noooo, you’ll see, Thailand is great“ entgegnete Ash. „Dir wird Bangkok gefallen!“ sagte Sebastian.

Ich selbst hatte keine Ahnung.

 

Schwimm nicht zu weit raus,

sonst stößt du an die mit Wolken bemalte Wand!

Über eine Woche bin ich jetzt hier und nichtmal die Holzsplitter, die sich aus dem Boden in meinen Hintern bohren oder der Frosch, der uns bei der Ankunft von seinem Platz neben dem Spiegel anglotzte, lassen es echt erscheinen. Das einzige was in mir drin passiert ist diese Unruhe, die Angst das alles nicht genug zu genießen, es nicht mit nach Hause zu nehmen. Simon sagt, ich solle nicht zu weit rausschwimmen, sonst würde ich gegen die Wand, die mit Wolken bemalt ist stoßen. Und genau so kommt es mir vor, als würde ich in einem schönen Bildband blättern, eine Geschichte eines anderen lesen. Ich schaue ein wenig drein wie der Frosch, der es sich unser Heim zu Eigen gemacht hatte: Mit breitem Schmollmund und desorientiertem Blick. Ich speichere Palmen, Krebse und Bananenpfannkuchen für die Ewigkeit auf dem Chip meiner Kamera. Doch speichere ich sie in mir selbst? Bin ich abgestumpft? Undankbar? Kann ich überhaupt noch so Reisen wie früher?

 

 

Doch dann hat es plötzlich geknallt. Ich weiß nicht, ob es war als ich mit meinem Mietroller auf einer unasphaltierten Straße dem Sonnenuntergang entgegen fuhr, der Wind meine Haare durchblies und kleine Dreadlocks hinterließ, ich immer wieder rechts und links schaute oder einfach nur kurz die Augen schloss oder erst als der Reifen der Honda kurz zischte und ich mitten in der Pampa mit einem Platten stand und die Einheimischen alle Hebel in Bewegung setzten um mir zu helfen. Ich weiß nur dass es irgendwann Klick gemacht hat. Dass ich diese Momente auf unserer kleinen Insel nicht vergessen werde, dass ich das Gefühl mit nach Hause nehmen werde und eigentlich doch noch alles in Ordnung ist mit mir. Manchmal braucht es wohl erst eine unbequeme Nacht mit vielen Moskitostichen und unzähligen Mentholzigaretten, eine außergewöhnliche Begegnung mit besonderen Menschen oder eine holprige Bootsfahrt bei Gewitter um Orte und Momente in sich drin zu speichern.

Doch vor allem braucht es Zeit.

 

12 Comments

  • Yvonne sagt:

    ach. ich freue mich dass dir thailand doch noch gefallen hat. und vor allem die geheiminsel 😀 ok, ich hab ne wette verloren, aber ich glaub, das hat Ash eh schon wieder vergessen <3

  • Ich glaube auch, dass es Zeit braucht. Je mehr du typisch einheimische Dinge tust und je weniger Touristendinge du tust, desto weniger wird es sich wie Urlaub oder sogar Bilderbuch anfühlen.

  • Susi sagt:

    Ich freu mich, dass es dann doch noch „geknallt“ hat! Ich glaub die Insel kenn ich 😉 Bin gespannt auf Erzählungen!

  • Lea sagt:

    Ich vermiss die Mentholzigaretten!

  • Julika sagt:

    Schöne Worte, schöne Bilder! Ich kann deine gemischten Gefühle sehr gut nachvollziehen — auch wenn ich selbst noch nicht in Thailand war, kommen mir die mir die typischen Fotos von da immer so extrem surreal vor, dass es echt schwer sein muss es zu begreifen wenn man echt vor Ort ist…

    • Nina sagt:

      Danke Julika! Ich weiß nicht ob es direkt an Thailand lag oder generell an mir. Oder dass ich schon zu viel von Bildern und Filmen kannte und mich nichts so richtig umgehauen hat. Ich hab auf jeden Fall begriffen, dass ich manchmal einfach ein bisschen länger brauche 😉

  • Maike sagt:

    Ich brauche auch immer ein Weilchen, um anzukommen. Ich würde sagen, je weiter ich weg reise, desto länger. In der Karibik hatte ich auch lange dieses Bilderbuch-Feeling, irgendwie fühlte ich mich manchmal so fehl am Platz. Aber dann, als ich einmal (eigentlich das einzige Mal) nicht vom Segelboot sondern von einem Traumstrand aus ins Wasser glitt, kam so ein ganz entspanntes Urlaubsgefühl auf. Das hat dann irgendwie alles erst real gemacht und ich bin wirklich angekommen.

  • Lisa sagt:

    Ein toller Text, Nina! Da kann ich mich den Vorrednerinnen nur anschließen. Kannst du mir deine Lieblingsspots in Thailand verraten? Für mich geht es nämlich im September für einen Monat hin. Liebe Grüße und danke. 🙂

  • Janett sagt:

    Schön beschrieben… Ich war noch nie da… aber die wolken bemalte Wand erinnert mich an die Truman – Show… Ja so sieht sie ein bissl auch aus. Ich bin bisher ja noch nicht von diesem Asienfieber gefangen genommen, aber ich befürchte, das es mich irgendwann auch packen wird….

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