Warten ist normalerweise nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung. Meine Geduld hält sich in Grenzen und ich könnte mir wirklich besseres vorstellen als irgendwo in der Pampa ewig auf den Bus zu warten. Im Bregenzerwald in Österreich allerdings habe ich es freiwillig getan: Auf den Bus gewartet. Und zwar sieben Mal. Na gut, ich bin in die haltenden Busse nicht einmal eingestiegen. Spätestens jetzt fragt ihr euch, wovon ich da wohl eigentlich fasele, aber ich sags euch: Auf den Bus warten kann richtig schön sein. Im beschaulichen Örtchen Krumbach haben sieben Architekten sieben verschiedene Bushaltestellen entworfen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch alle spielen perfekt mit der Umgebung: Ein Fenster in die Landschaft, eine Tribüne am Tennisplatz oder ein schier unsichtbarer Glaskasten. Das Projekt nennt sich „BUS:STOP Krumbach“ und ist genau das Richtige für knipsende Architekturfreunde wie mich.
Ich wusste zwar, dass Vorarlberg bekannt ist für ihre zeitgemäße und innovative Architektur und Baukultur, ich war aber trotzdem überrascht, dass man diese wirklich überall entdeckt, sobald man die Landesgrenzen überfährt. Und auch wenn die Gebäude modern sind, fügen sie sich wunderbar in die Landschaft ein. Hier gibt es kaum verrückte „Ugly Belgian Houses“ mäßige Experimente. Vielmehr entdecke ich überall moderne Varianten der traditionellen Bregenzerwäldler Bauernhäuser. Man spielt vor allem mit der klassischen Form und den charakteristischen Holzvertäfelungen – den Schindeln – und erfindet diese neu.
Auch im Projekt BUS:STOP Krumbach findet man diese typischen Merkmale in den Wartehäuschen wieder. Was mit Sicherheit unter anderem auch daran liegt, dass die internationalen Architekten eng mit lokalen Handwerkern zusammen gearbeitet haben. Meine Lieblingshaltestelle ist wohl gleich die erste, die ich besuche. Geometrisch zu einer Flucht angeordnete Holzbalken erinnern an eine Camera Obscura mit Fokus auf die dahinter liegende Landschaft. Mit den Jahren bekommt das Holz durch die Witterung den typisch grauen Farbton, den man in Vorarlberg überall sieht. Den gleichen Farbton hat auch die mit Schindeln übersähte Haltestelle direkt am Ortseingang von Krumbach. Hier ermöglicht ein Fenster die Sicht auf den anbrausenden Bus. Erst auf den zweiten Blick entdecke ich die Treppe in die zweite Etage: Hier oben befindet sich eine Tribüne mit Blick auf den dahinter liegenden Tennisplatz. Sehr smart!
Traditionelle Gaststättenstühle und eine Überwachungskamera als Vogelhäuschen zieren einen Glaskasten, der wohl am meisten an eine traditionelle Haltestelle erinnert aber trotzdem viel gemütlicher ist. Hier drin ist es warm und man hat einen 360 Grad Blick auf den Ort und die Berglandschaft um einen herum.
Zwei Haltestellen die sich mit jeder Perspektive komplett verändern sind wohl die spannendsten des BUS:STOP Krumbach Projekts. Inspiriert von den Alpen kreierten die Belgischen Architekten eine Art Zelt aus Dreiecken und Diagonalen. Völlig aus dem Ruder und an allen Vorgaben vorbei gelaufen, aber visuell wohl wirklich am coolsten ist ein Wald aus weißen Stangen vom japanischen Architekten. Das Wartehüsle ist wohl mehr Kunstinstallation als Schutzhäuschen. Ich hätte stundenlang um sie herum und in ihr auf und ab gehen und Fotos machen können. Überall ergeben sich interessante Blickwinkel und Motive und die Aussicht von der obersten Plattform reicht über den ganzen Ort hinweg.
Busfahren lohnt sich also im Bregenzerwald. Vor allem, wenn die Route über Krumbach führt. In der Bregenzerwald Gäste-Card sind die Busse sogar kostenlos enthalten, wie auch viele Seilbahnen und Freibäder. Zwei Haltestellen habe ich euch jetzt vorenthalten… die müsst ihr dann selbst entdecken… ;). Wer mehr zu den Architekten und der Entstehung von BUS:STOP Krumbach erfahren will, wird hier fündig.
Weitere Architektur Highlights im Bregenzerwald
Ich habe ja schon gesagt, der Bregenzerwald hat architektonisch einiges zu bieten. Ob verrückte Bushaltestellen, schräge Häuser oder moderne Pavillons. Hier sind noch ein paar Beispiele, die mich bei meinem Besuch wirklich fasziniert haben.
Georunde Rindberg
Als es in den 90er Jahren bei Sibratsgfäll zu einen großen Erdrutsch kam, wurden ganze Häuser viele Meter den Berg herunter transportiert. Einige davon wurden zerstört, andere stehen so schief, dass sie zwar noch sicher begehbar aber unbewohnbar sind und wieder andere haben einfach nur einen neuen Standort gefunden und werden noch heute bewohnt. Doch was passiert, wenn dein Haus plötzlich auf dem Grundstück des Nachbarn steht? Wenn die Welt aus den Fugen gerät? Wie baut man eine Kapelle, die sich innerhalb von weniger Stunden komplett abbauen und in Sicherheit bringen lässt? All diese Fragen beantwortet eine kurze Rundwanderung in Rinbderg, die nicht nur Landschaftlich interessant ist. Ich muss sagen, ich war echt positiv überrascht von den Installationen, die nicht nur für ein gutes Foto herhalten sondern eben auch die Kraft der Natur so anschaulich aufbereiten.
Mehr Infos zur Georunde und dem Erdrutsch am Sibratsgfäll findet ihr hier.
Werkraumhaus in Andelsbuch
Beim Bau des Kunsthauses Bregenz arbeitete der Schweizer Architekt viel mit Bregenzerwälder Handwerkern zusammen und schätzt seither deren Arbeit ungemein. Um einen angemessenen Ausstellungsraum für das Handwerk der Region zu schaffen, gestaltete Zumthor das Werkraumhaus in Andelsbuch – einen Pavillon, der ein bisschen an die neue Nationalgalerie in Berlin erinnert. Hier findet man in wechselnden Ausstellungen eine art Schaufenster für die einmalige Handschrift der hiesigen Handwerkskunst. Ein Besuch lohnt sich aber nicht nur zum Bestaunen der wechselnden Ausstellungen, sondern auch für den Mittagstisch für den sich Anwohner, Handwerker und Besucher der Region treffen.
Mehr Infos zum Werkraumhaus und die aktuellen Ausstellungen gibts hier.
Schwarzenberg
Das wohl hübscheste kleine Örtchen voller Beispiele traditioneller Bregenzerwälder Architektur ist Schwarzenberg. Hier reiht sich ein hübscher beschindelter Hof an den anderen, hinter denen sich teilweise moderne Gaststätten und Hotels verbergen. Mein Highlight: Der Käseladen. Für mich in etwa so, wie für andere ein Süßigkeitengeschäft. Ein weiteres schönes Beispiel für Architektur ist das Angelika Kaufmann Museum in dem man natürlich die Gemälde der berühmten Malerin Vorarlbergs bestaunen kann.
Mehr Berichte von meinen Reisen nach Österreich findet ihr hier. Demnächst erzähle ich euch auch noch von meiner Zeit in Bregenz. Bis dahin schaut doch mal bei Lea von Escape Town vorbei, die sich im Vorarlberg auf einen Klettersteig mit Wasserfall gewagt hat – nix für Leute mit Höhenangst.
Offenlegung
Ich war im Zusammenhang mit einer Corporate Content Produktion mit Vorarlberg Tourismus im Bregenzerwald. Die Veröffentlichung auf diesem Blog geschieht freiwillig, unbezahlt und unbeeinflusst.