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Der Wind wird langsam eisiger, Haarsträhnen peitschen um meine Nase und ich ziehe mir meine Pinguinmütze etwas tiefer ins Gesicht. Ich kneife die Augen zusammen und versuche krampfhaft den Horizont zu erkennen. Dichter Nebel hängt seit eineinhalb Tagen über der Wasseroberfläche. Das ist in etwa genau so lange, wie wir die Drake Passage überqueren. Jene berühmte Wasserstraße, in der warme Gewässer von Südamerika mit kalter Strömung der Antarktis so aufeinander treffen, dass sich entweder Nebel oder Stürme mit bis zu 12 Meter hohen Wellen bilden. Wir haben den Nebel. Zum Glück.

Eine unvergessliche Reise in die Antarktis, voller Abenteuer, Eisberge, Pinguine und jede Menge vergossener Tränen

Sechs Tage bin ich nun schon auf Antarktis Expedition, habe unzählige Flugstunden gemeistert und bereits einige Abenteuer an Bord der MS Midnatsol im chilenischen Fjordland, Feuerland und Kap Hoorn hinter mir. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich Wale und bin in einem Schlauchboot zwischen tausenden winzigen Eisschollen zu einen kalbenden knallblauen Gletscher gecruised. Sechs Tage bin ich nun schon auf Antarktis Expedition und ich habe bereits aufgehört zu zählen, wie oft mir die Freudentränen über das Gesicht liefen.

Auf großer Expedition auf den siebten Kontinent: Die Antarktis. Mit Pinguinen, Eisbergen und jede Menge Abenteuer
Mit dem Postschiff von Hurtigruten auf Expedition an den siebten Kontinent: Die Antarktis

Kapitän Kai hatte gesagt, wir würden sie um etwa Mitternacht erreichen, die Antarktis. Genauer gesagt, die südlichen Shetlandinseln. Ich stehe an Deck 6, es ist 23:30 Uhr und alles ist in blaues Licht getaucht, als es plötzlich neben mir platscht. Mein Blick schnellt Richtung Wasser und ich muss die Augen zusammenkneifen um sie zu erkennen: Pinguine! Erst zwei, dann drei dann unzählige kleine Tiere, die flink immer wieder für einen Bruchteil einer Sekunde über das Wasser schießen. Wie die Vorboten eines großen Abenteuers. Oder eher, wie die lustigen Clowns, die das Publikum auf den großen Showact vorbereiten.

 

Mit der Ankunft unserer kleinen Begleiter klärt sich auch langsam die Sicht. Ich erkenne dunkle Schatten im weißblauen Nichts. Ein paar Felsen nehmen immer mehr Form an, mein Herz beginnt lauter zu pochen und die Kälte um meine Nase ist längst vergessen. Ich kann nicht unterscheiden, ob das, was das schwarze Gestein am Horizont umschließt, wirklich Eis ist oder einfach nur der Nebel. Unseren großen Auftritt am südlichsten Punkt der Erde hatte ich mir ganz anders vorgestellt (Geräusche von brechendem Packeis unter uns, der siebte Kontinent vor uns und unaushaltbare Kälte um uns herum) und doch werden all meine Erwartungen übertroffen. Ein Gefühl, so unbeschreiblich und unwirklich wie die Landschaft, die uns plötzlich umgibt. Also natürlich unbedingt Zeit, wieder ein zwei Tränchen über die Wange kullern zu lassen.

 

In den nächsten Tagen kann ich mich ein bisschen besser zusammen reißen. Ich setze meinen Fuß mehrmals auf Antarktisches Festland. Mit jedem Schritt durch bestialisch stinkende Pinguinkacke wird das, was ich hier mache ein bisschen wirklicher – auch, wenn wir weiterhin unwirkliche Dinge sehen und tun. Zum Beispiel als wir mit dem Kayak einen kleinen Eisberg umpaddeln. Oder die Bekanntschaft mit einem Macaroni Pinguin machen, der einsam und alleine in einer Kolonie Adeliepinguine aufgenommen wurde. Auch als wir durch den Antarctic Sound fahren, eine Meerespassage mit Eisbergen, die höher sind als die Midnatsol und größer als meine Heimatstadt. Oder immer, wenn wir mit den kleinen Zodiac Booten im Zick Zack zwischen Eisschollen cruisen, auf denen dicke Seehunde liegen und Sonne tanken. Jedes Mal, wenn irgendwo von einem Gletscher ein Stück Eis abbricht und donnernd ins Meer stürzt, so dass man es Kilometerweit hören kann. Auch, wenn ich Nachts kein Auge zu bekomme, weil es draußen einfach nicht mehr Dunkel wird, um so südlicher wir uns bewegen und die Landschaft als puderrosanes Kitschfest an mir vorbeizieht.

 Antarktis Reise Eisberg Antarctic Sound

 

Doch umso mehr sich unsere Reise dem Ende zuneigt, umso schwieriger wird es, die Emotionen zurück zu halten. Der Kopf platzt vor Eindrücken von der geballten Schönheit einer Welt um einen herum, die so unberührt von Menschenhand scheint und doch so gefährdet ist. Ein schweres Seufzen, als wir für unsere letzte Anlandung aufgerufen werden. Ein leises Schniefen, als ein paar Buckelwale uns zum Abschied mit der Flosse winken (was natürlich auch an der Kälte gelegen haben kann). Pipi in den Augen beim Essen, weil der letzte Eisberg an uns vorbei zieht.

Und dann stehe ich wieder an Deck 6. Ich bin ganz allein am Heck der Midnatsol, die stetig einen Streifen aufgewühlten Wassers hinter sich her zieht. Es ist arschkalt, doch ich bin wie angewurzelt und starre auf den Horizont, an dem die Antarktis immer kleiner wird. Noch immer sieht man hier und da ein paar Walfontänen, ganz so wie ein Feuerwerk auf der Meeresoberfläche. Nur ohne den Krach. Und ich, ich bin mindestens ebenso aufgewühlt, wie dieses von der Schraube gezwirbelte Wasser, das unsere Route markiert. Als wir erneut die südlichen Shetlandinseln passieren, heule ich inzwischen wie ein dreijähriges Kind, dem man das Eis weggenommen hat. Insgeheim denke ich schon darüber nach, einfach bei Hurtigruten anzuheuern und wiederzukommen.

 

 

 

Viele Orte auf dieser Welt haben mich sehr berührt, doch keiner hat einen solchen Platz in meinem Herzen, wie die Antarktis. Und manchmal, wenn ich die Augen schließe, dann sitze ich noch immer in meiner Kabine. Vor meinem Bullauge ziehen in rosa getunkte Eisberge vorbei, auf denen ein paar Eselspinguine herumlungern. Dann spüre ich diese endlose Stille, obwohl um mich herum wieder die Großstadt tobt.

 

Ich wurde von Hurtigruten auf die Antarktis Expedition eingeladen. Meine Meinung und Heulerei bleibt davon selbstverständlich ganz unberührt.

In den nächsten Wochen erzähle ich euch ein bisschen mehr über meine Reise ans andere Ende der Welt. Wenn ihr Fragen zur Antarktis, der Expedition, Hurtigruten und dem Reisen mit dem Schiff habt, dann stellt sie gerne in den Kommentaren und ich versuche sie in den nächsten Artikeln zu berücksichtigen. 

Zu guter Letzt ganz lieben Dank an Angelika von Reisefreunde für die tollen Bilder, die sie von mir auf unserer Reise gemacht hat! Zwei davon findet ihr auch hier im Beitrag. <3 Angelika hat übrigens auch schon ausführlich über unsere Antarktis Expedition geschrieben. Mehr Eindrücke gibt es auch beim Rest der Crew: Black Dots White Spots, Meerblog, Puriy UnterwegsWe Travel The World, Just Travelous und Good Morning World.

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