Selten lag mir ein Reiseartikel so am Herzen wie dieser hier, denn es geht um meine Heimat, das Ruhrgebiet. Klar, jeder findet seine Heimat am tollsten von allen und möchte gerne dass die ganze Welt das so sieht. Aber bei mir ist das natürlich ganz was anderes (ehrlich!!), denn der Pott ist sowas wie meine Wahlheimat. Geboren bin ich nämlich in Krefeld und das liegt irgendwie zwischen Pott und Niederrhein, gehört sowohl zum einen als auch zum anderen und is so gesehen nix Halbes und nix Ganzes. Und so ist das eigentlich auch mit mir: Aufgewachsen am Niederrhein irgendwo zwischen Holland und Rhein verschlug es mich zum Studium mitten ins Herz des Reviers – nach Dortmund. Und ich gebe zu: auch ich hatte so meine Vorurteile. In meinem Kopf würden das ganz triste und graue Studienjahre werden, dreckig, mit rauchenden Schornsteinen und Elend um mich herum. Doch ich wurde ziemlich schnell eines besseren belehrt und auch nach 9 Jahren in Berlin vermisse ich den Pott noch immer ganz schön doll.
Mich hat immer gestört, dass ich diesen Blog erst angefangen habe, nachdem ich schon weggezogen war. Zu gerne wollte ich euch schon so lange zeigen, wieso das Ruhrgebiet so liebens-, lebens- und besuchenswert ist und unbedingt mit dem ein oder anderen Vorurteil aufräumen. Doch um all die Facetten des Potts zu zeigen brauchte ich Zeit, die über die gelegentlichen Heimatbesuche hinaus gingen, um richtig zu recherchieren, denn klar: in neun Jahren Abwesenheit hat sich viel verändert.
Umso schöner, dass ich diesen Sommer endlich die Gelegenheit hatte, mit der Unterstützung von Ruhr Tourismus eine ganze Woche im Pott zu verbringen und nur zu recherchieren und zu fotografieren. Alte Lieblingsplätze zu besuchen und neue zu entdecken, mit interessanten Menschen zu sprechen, Festivals zu besuchen, Alpakas zu streicheln und mich wieder ein bisschen heimisch zu fühlen.
Hier sind sie also, meine 10 Dinge, die ich am Ruhrgebiet mag, zusammengetragen mit ganz viel Liebe, Spucke und Herzblut. <3
1. Industriekultur
Eine Sache, die ich am Pott schon mochte, bevor ich hingezogen bin, sind die vielen alten Zechen, Hochöfen, Gasometer und Co die heute umfunktioniert wurden zu Kulturstädten aller Art. Da ist zum Beispiel der Landschaftspark Duisburg Nord, ein stillgelegtes Hüttenwerk, das heute sowas wie ein riesengroßer Spielplatz für Erwachsene (und Kinder) funktioniert: Eine Tauchstation im alten Gasometer, ein Hochseilgarten im Hochofen, ein Open Air Kino, eine Jugendherberge und Konzerthallen. Der deutsche Alpenverein hat hier die größte Kletteranlage jenseits der Alpen in den alten Möllerbunkern mit dem lustigen Namen Monte Tyssino. Ihr seht schon, ich könnte ewig so weiter machen und das ist nur eine von unzähligen Stätten auf der Route Industriekultur. Die bekannteste davon ist wohl die Zeche Zollverein, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehört. Auf dem riesigen Areal der alten Kokerei und Zeche im Norden Essens befinden sich mehrere Museen, darunter das renommierte Red Dot Design Museum und das Ruhr Museum, ein Schwimmbad in alten Überseecontainern, etliche Restaurants und Geschäfte, ein Standort der Folkwang Universität der Künste und im Winter eine schier endlose Eislaufbahn entlang der Industriearchitektur der Kokerei.
Im totalen Kontrast dazu steht die Zeche Zollern. Ein Ort der für mich, obwohl ich 6 Jahre in Dortmund gewohnt habe total neu war und bei dem man sehr viel über den Bergbau rund um die Jahrhundertwende lernt. Vor allem wird einem hier klar, welchen Strapazen die Bergleute Tag für Tag ausgesetzt waren. Besonders beeindruckt hat mich die Jugendstilarchitektur der Maschinenhalle, die die Zeche zusammen mit den restlichen Gebäuden aus dem Historismus zum Vorzeigeobjekt machte.
Auf dem Gelände von Phoenix West in Dortmund waren zu meiner Zeit nur ein riesiges Schottergelände und ein paar leerstehende Hallen, in denen manchmal eher distopisch anmutendene Ausstellungen meiner Designhochschule stattfanden. Heute ist dort „plötzlich“ ein ganzer neu angelegter See – der Phönixsee. Auf dem ehemaligen Hüttenwerk, wo bis vor 20 Jahren noch in 2000 Grad heißen Hochöfen Roheisen hergestellt wurde, ist heute ein Skywalk angelegt. Von hier oben hat man eine großartige Aussicht und erkennt vielleicht die ein oder andere Kulisse aus dem Dortmunder Tatort wieder. Besichtigen könnt ihr das Gelände allerdings nur mit einer offiziellen Tour.
2. Halden im Ruhrgebiet
Wo wir schon bei Industriekultur, Hütten und Zechen sind, bleiben wir noch ein bisschen beim ach so grauen, tristen Thema Bergbau: Denn irgendwo musste das ganze Gestein, Erde und Gedöns ja hin, das man aus den Schächten geholt hat. So entstanden im Ruhrgebiet unzählige Halden, kleinere und größere künstliche Berge, die wie riesige Schutthaufen in der Landschaft lagen. Irgendwann hat man angefangen diese Berge zu renaturieren, zu bepflanzen und so riesige Parks zu erschaffen. Auf dem Gipfeln vieler Halden befinden sich sogenannte Landmarken, riesige Kunstinstallationen, die teils sogar begehbar sind. Da gibt es zum Beispiel das „Tiger&Turtle“ auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe in Duisburg, eine riesige begehbare Achterbahn. Oder das Tetraeder in Bottrop, dessen Aussichtsplattformen echt nix für Leute mit Höhenangst sind, von denen aus man aber wirklich das ganze Ruhrgebiet sehen kann, vor allem die anderen Halden und deren Landmarken. Übrigens liegt hier auch die Skihalle Bottrop, auf der man das ganze Jahr lang von einer Halde runter Skifahren kann. Hoch oben auf der Halde Hoheward befindet sich ein gigantisches Sternobservatorium, sowas wie eine Art modernes Stonehenge. Eine der höchsten Halden im Ruhrgebiet die man so besteigen kann, ist die Halde Haniel, eine von 5 Berghalden, die zur kürzlich allerletzten geschlossene Zeche Prosper-Haniel gehören. Oben auf der Halde befindet sich ein riesiges Krater-artiges Amphitheater (liebevoll auch Monte Schlacko genannt), das mit vielen bunten Totems gesäumt ist und für Konzerte und Theateraufführungen genutzt wird.
Auf Halde gehen gehört wirklich zu einer meiner Lieblingsbeschäftigungen im Pott. Deshalb habe ich für das Buch „Deutschland im Winter“ von Reisedepeschen auch einen ganzen Haldenguide geschrieben. Eine ausführliche Auflistung aller Halden gibt es hier.
3. Echte Currywurst
Die echte, richtige, beste, knackigste und würzigste Currywurst kommt aus dem Ruhrgebiet, um genau zu sein aus Bochum. Sorry Berlin, aber isso. Das sang auch einst schon Herbert Grönemeyer und sagt auch der direkte Vergleich. Mehr muss ich eigentlich dazu überhaupt gar nicht mehr sagen. Wer nicht überzeugt ist, möge bitte ins Ruhrgebiet kommen, in Bochum zum Bratwursthaus gehen und selbst probieren.
4. Wie grün das Ruhrgebiet ist
„Kumma Bernd, die Pflanzen!“ „Ja, Bochum is dat Madeira des Ruhrgebiets, wusstese dat?“ – ich musste ein bisschen schmunzeln, als ich dieses Gespräch im Botanischen Garten der Ruhr Universität mitbekommen habe. Allerdings ist es nicht nur in Bochum zwischen Riesenseerosenblättern, Chinesischem Garten und Kakteenhaus grün. Bei über 60% Grünfläche muss man entgegen aller Vorurteile gar nicht lange nach dem Grün suchen. Auch Essen gilt als die „grüne Lunge des Ruhrgebiets„, zB mit dem Grugapark, dem Baldeneysee und den Grünanlagen rund um die Villa Hügel und Dortmund beherbergt den riesigen Westfalenpark. Und im Gegensatz zu so manch anderem Park in deutschen Großstädten (hust, Berlin), bleiben die auch den ganzen Sommer über grün.
Doch nicht nur Parks sorgen im Pott für reichlich frische Luft: Von den vielen Halden habe ich ja schon gesprochen und zwischen den einzelnen Städten kann es durchaus auch ziemlich ländlich werden. Rund um den Kemnader See findet man sogar den ein oder anderen Fachwerk Bauernhof inmitten von Wiesen und Feldern.
Zum ersten Mal bin ich dieses Mal auch mit dem Kajak auf der Ruhr unterwegs gewesen. Dafür geht es vom schönen Hattingen aus immer flussabwärts (die ein oder andere abenteuerliche Bootsrutsche und Stromschnelle inbegriffen) in Richtung Bochum-Dahlhausen. Bei der gut dreistündigen Tour passiert man weder Schornsteine noch Zechentürme (und das muss man im Pott erstmal schaffen) und begegnet sogar den ein oder anderen Wildtieren und einem kleinen Schloss. Zurück geht es dann mit der S-Bahn in 5 Minuten. Pro Tipp: Ein Drybag mit trockener Hose ist für die Rückfahrt Gold wert :). Buchen kann man die Tour hier.
5. Pottsprech
Sobald meine Freundin Nora mich vom Zug abholt, ich in ihr Auto steige und sie mich fragt „Na, wie isset?“ schießt mir immer erstmal ein Gedanke durch den Kopf: „Endlich normale Leute!“.
Nix mag ich am Pott so sehr wie die Sprache, den Dialekt und die teils einzigartigen Wörter und deren Bedeutungen. Nix bringt in mir ein größeres Heimat und Zugehörigkeitsgefühl hervor, vielleicht auch weil sich vieles sehr mit dem Niederrheinischen überschneidet.
Von „usselig“ (nasskalt/ungemütlich) , über „Pölter“ (Schlafanzug), „Pocke“ (Bierbauch) und „auf Trallafitti gehen“ (ausgehen, Spaß haben, einen Ausflug machen) – Pottsprech ist vielseitig aber vor allem ziemlich humorvoll und herzhaft. Schön sind aber nicht nur die Wörter, sondern auch die spezielle „Grammatik“ wie bei „Komma bei die Omma“ oder „den Jürgen sein Bier„. Bei mir dauert es meist keine zwei Minuten, bis auch ich wieder voll und ganz im Pottsprech drin bin und „Vadder“ (Vater), „Hömma!“ (Hör mal), „Mittach“ (Mittag) und „gibet“ (gibt es) sage.
Mehr über die Herkunft der Ruhrgebietssprache gibet hier und eine tolle Übersicht über die Eigenheiten gibet hier.
6. Wie unerwartet idyllisch das Ruhrgebiet ist
Grau, laut, dreckig. Mit diesem Klischee haben wir ja jetzt eh schon aufgeräumt. Aber auch ich bin immer wieder überrascht wie viele hübsche, idyllische Ecken, Orte und Momente es im Pott doch so gibt. Ein so ein besonders idyllischer Ort ist die Margaretenhöhe, ein Stadtteil im Süden von Essen. Die als erste Gartenstadt geltende ehemalige Bergarbeiter Siedlung wurde von Margarete Krupp 1906 gegründet und gilt noch immer als Paradebeispiel für „menschenfreundliches Wohnen„. Die Architektur ist einheitlich, die Straßen heißen „Trautes Heim„, „Sonnenblick“ und „Im stillen Winkel“ und sind absolut Programm. Auf einer Bank sitzen Omi und Opi, in der Sparkasse tauscht man Neuigkeiten aus, auf dem Marktplatz geht frisches Obst über den Stand, während nebenan der Brunnen plätschert, an jedem Haus rankt Efeu, in der Bäckerei liegt ein Bildband mit den Persönlichkeiten des Viertels. Auch wenn das alles nach deutschem Spießbürgertum hoch 10 schreit könnte ich mir wirklich sehr gut vorstellen auf der Margaretenhöhe zu wohnen. Besonders schön ist es hier übrigens im Herbst, wenn die berankten Häuser in den buntesten Farben strahlen.
Die absolute Idyllen-Krönung ist natürlich ein Spaziergang mit Superflausch auf vier Beinen: Alpakas. In Castrop Rauxel bietet Daniels kleine Farm Alpakawanderungen durch das anliegende Naturschutzgebiet Wagenbruch an. Kaum hatte ich den mokkafarbenen „Hurricane“ an der Leine, war klar dass das ein schönes Erlebnis werden würde. Alpakas sind nicht nur ziemlich kuschlig und süß, sie bringen einen auch echt ganz schön runter. Das Temperament liegt irgendwo zwischen total gelassen und sehr eigenbrödlerisch. Am Ende sind Alpakas aber vor allem Herdentiere, was einen lehrt mehr auf einander zu achten und schonmal dazu führen kann, dass man einen kleinen Sprint hinlegen muss, wenn man beim verfressen sein nicht aufgepasst hat und die Herde um die Ecke gebogen ist. Julius von Ruhrwohl war auch mit den Alpakas unterwegs und hat ausführlich berichtet.
7. Budenkultur
Was Berlin seine Spätis und Hannover seine Kioske sind, sind dem Pott seine Buden. Im Ruhrgebiet nennt man die kleinen Lädchen auch Trinkhallen, auch wenn die heutzutage mit einer Halle nicht viel gemein haben. Ob bunte Tüte, Kippen, die Sonntagszeitung, ein frisches Pils, bekommt man alles „anne Bude“. Am wichtigsten sind die Trinkhallen im Pott aber als Treffpunkte, Orte an denen die kleinen und großen Dinge des Lebens besprochen werden und so manch einer überhaupt mal zu sozialen Kontakten kommt. Etwa 50.000 Büdchen gab es mal im Ruhrgebiet, jetzt sind es noch um die 20.000.
Eine davon ist die Trinkhalle in Bochum, die tatsächlich den Namen ein bisschen wörtlicher nimmt. Hier gibt es neben den Kühlschränken mit unzähligen Biersorten aus der Region, Sole-Eier Sortiment, einer Tischtennisplatte im Nebenraum und jede Menge Sitzgelegenheiten drinnen und draußen auch eine echte Bar. Bei meinem Besuch im Pott bin ich einen Abend hier richtig schön versackt, denn das Tolle: Man kann sich hier total gut allein an die Theke setzen und findet sofort nette Unterhaltung (wenn man das möchte) – in meinem Fall stellte sich heraus, dass einer der Mitgründer des Ladens, der an dem Abend hinter der Bar stand, mit mir studiert hat. Kleine Ruhrgebietswelt. Mehr zur Trinkhalle in Bochum gibts beim Kollegen Jan von Deutschlandjäger.
Eine weitere Institution des Potts ist der Bergmannkiosk in Dortmund. Der 50 Jahre Pavillon wurde von der Bergmann Brauerei wieder auf Vordermann gebracht und ist seitdem Kult-Treff in der Dortmunder Innenstadt, vor allem fürs kurze Feierabendbier. Alles unter dem Motto: „Harte Arbeit, ehrlicher Lohn!“.
8. Das Bier
Wo wir schon bei Bier sind: Das Bier aus dem Ruhrgebiet habe ich aber erst so richtig schätzen gelernt, als ich nach Berlin gezogen bin und plötzlich mit Plörre konfrontiert war. Es ist wie mit der Currywurst: Bier könnense im Pott einfach. Und das hat auch langjährige Tradition. Einst war Dortmund sogar Brauereimetropole in Europa. Dortmund und Bier, das gehört zusammen wie Pommes-Schranke und Currywurst mit Pelle. Ob Thier, Fiege, Kronen Export, Hansa, Hövels oder Brinkhoffs No 1 – ein Besuch im Pott ohne Pilsken ist kein Besuch im Pott. Darf auch alkoholfrei. Mehr übers Bier lernt man im Brauereimuseum oder bei einer Führung mit Beertasting in der Stehbierhalle der Bergmann Brauerei.
9. Menschen mit Ideen, die was bewegen
Apropos: Die Geschichte der heutigen Bergmann Brauerei, ist eine der Geschichten, die mich bei dieser Reise in den Pott besonders beeindruckt hat. Ursprünglich 1796 gegründet wurde die Brauerei in den 70ern geschlossen. Es kam zum Brauereisterben in Dortmund. Viele Marken gibt es zwar heute noch, aber sie werden alle von ein und demselben riesigen Konzern gebraut. Durch einen Zufall entdeckte der eigentliche Mikrobiologe für Lebensmittelhersteller Thomas Raphael, dass die Markenrechte in 2005 nicht erneuert worden waren. Er erwarb sie zunächst nur aus Spaß, stellte aber nach ein paar Jahren fest, dass die Rechte verfallen, wenn man nichts mit ihnen macht. So fing er mit der Hilfe von Freunden und Bekannten an wieder Bier zu brauen. Die ersten paar Kästen gingen auf einer Party weg wie Schmidts Katze und 2010 entsteht die erste eigene Brauerei in einem alten Hafengebäude mit Schornstein. Der Bergmann Kiosk, ein 50 Jahre Pavillon, der von Thomas Raphael wieder auf Vordermann gebracht wurde ist seitdem eine Institution in der Dortmunder Innenstadt, vor allem fürs kurze Feierabendbier. Heute gibts außerdem eine nigelnagelneue Brauerei mit Stehbierhalle in Phoenix West. Worauf Thomas Raphael aber vor allem stolz ist, ist dass in Dortmund wieder richtig Bier gebraut wird.
Eine ebenso tolle Erfolgsgeschichte können die Grubenhelden verzeichnen. Mit Prosper Haniel ging im letzten Jahr in der letzten Zeche im Ruhrgebiet das Licht aus – das Ende einer Ära die für hunderte von Jahren ein großer Teil der Identität der ganzen Region war. Dieses Erbe möchte Matthias Bohm mit seinem Label Grubenhelden in die Zukunft tragen. Für seine Kollektionen verwendet er Stoffe die an die typischen Steigerhemden erinnern, Grubenmarken werden zu Knöpfen recycelt, „Arschleder“ zu schicken Gürteln. Bei näherem Hinsehen fällt sofort auf, dass hier die Liebe im Detail steckt: Auf den Etiketten findet man Auszüge des Steigerlieds, individuelle Prints sind mit den Ortskoordinaten der jeweiligen Zechen versehen, die Stücke nach bekannten Orten des Bergbaus benannt. Und das schönste: Hergestellt wird die Kleidung vor allem von ehemaligen Bergmännern. In diesem Jahr hat Matthias seine Kollektion sogar auf der New York Fashionweek präsentiert – der Plan die Geschichte des Potts in die Welt rauszutragen geht also auf. Grubenhelden betreibt inzwischen zwei Läden, einen in Gladbeck und einen auf Zollverein.
Von den Alpakas auf Daniels kleiner Farm habe ich euch ja schon berichtet. Auch hier steckt eine schöne Idee dahinter. Daniel Hischke, schon länger auf der Suche nach einem Ausgleich zu seinem Vollzeit Job als Designer nahm vor ein paar Jahren selbst an einer Alpaka Tour teil, spürte wie sehr ihn dieses Erlebnis erdete und hatte von da an den Traum der eigenen Alpaka Herde. Daniel legt viel Wert darauf, die Tiere artgerecht zu halten und pflegt sie mit viel Liebe. Alpakas werden viel als Therapie-Tiere eingesetzt und gelten nicht umsonst als „Delfine der Weide“. Man bucht also eigentlich ein Treffen mit einem flauschigen, niedlichen Tier, bekommt aber insgeheim eine kleine Achtsamkeitsübung. Das Konzept geht auf – alle Mitarbeiter der kleinen Farm wirken wunderbar ausgeglichen und die Termine sind auf Monate hinweg ausgebucht. Außerdem bietet die Farm seit langer Zeit Geflüchteten die Möglichkeit mit den Alpakas die umliegende Natur zu erkunden.
Alle drei dieser Geschichten haben mich bei meinem Besuch unheimlich inspiriert und motiviert. Ich habe es total genossen mich mit den drei Herren (ja, mir ist es bewusst, dass es sich nur um Herren handelt) auszutauschen, ihren Wegen und Ideen zu lauschen. Beim nächsten Mal besuche ich dann auch ein paar Frauen, versprochen 🙂
10. Die vielen Festivals
Während meiner Zeit in Dortmund habe ich es geliebt, dass eigentlich den ganzen Sommer über gefühlt jede Woche irgendwo ein Festival stattfindet. Viele davon, so wie das Bochum Total oder das Pfingst Open Air in Essen Werden und das Essen.Original sind dabei sogar kostenlos. Für jeden Musikgeschmack gibt es etwas: Juicy Beats, Ruhr Reggae Summer, Traumzeit oder Olgas Rock. Mit der ExtraSchicht hat das Ruhrgebiet auch seine ganz eigene Nacht der Industriekultur, mit Kunst, Musik und Schauspiel im ganzen Pott verteilt und dem Zeltfestival sogar einen ganzen Monat voller Kulturveranstaltungen in einer kleinen Zeltstadt am Kemnader See. Die Ruhrtriennale vereint für 6 Wochen Kunst, Musik und Theater unter einem Hut und beim Gourmetfestival auf Zollverein kann man sich einmal durch das Revier futtern.
Und da sach noch mal einer, im Pott is nix los.
Eine Übsersicht der Festivals gibts hier.
So, warum also immer in die Ferne schweifen, wenn es um uns herum in Deutschland auch ziemlich cool ist. Ich hätte diese Liste wohl noch ewig fortführen können und werde euch wohl in Zukunft noch mit dem ein oder anderen Post über Industriekultur, Ausflugsziele und Halden beglücken. Bis dahin würde ich mich freuen, wenn ihr mir in den Kommentaren eure Lieblingseigenschaften des Potts nennt!
Reise ins Ruhrgebiet – Meine Tipps
Hinkommen
Hin kommt man am besten mit dem Zug. ICEs halten in Duisburg, Mülheim, Essen, Bochum und Dortmund und auch ein Flixtrain fährt inzwischen einige Bahnhöfe an.
Rumkommen
Mit Öffentlichen Verkehrsmitteln ist man im Pott gut bedient, eine Zugfahrt von Dortmund nach Bochum dauert nur 10 Minuten und die meisten Städte verfügen über ein gutes Verkehrsnetz. Allerdings erreicht man einige der aufgelisteten Ausflugsziele leider besser mit dem Auto.
Unterkommen
Während meiner Zeit im Ruhrgebiet war ich im NIU Cobbles in Essen* untergebracht und habe es vor allem wegen der vielen raffinierten Details geliebt. Für 1€ Spende kann man sich einen Room-Buddy in Form einer Pflanze mit aufs Zimmer nehmen, wer keinen Zimmerservice braucht und somit Handtücher spart bekommt pro Tag einen Getränkegutschein für die Bar. Auf dem Zimmer gibt es Spiele, das Frühstück war der Knaller. Überhaupt ist eine Unterkunft in Essen* ein guter Ausgangspunkt für eine Reise ins Ruhrgebiet.
Weiterlesen
Bei Julius von Ruhrwohl gibt es viele Tipps fürs Ruhrgebiet. We Travel the World hat einen Roadtrip durchs Revier gemacht. Im Reiseblog von Ruhr Tourismus findet ihr jede Menge aktuelle Ausflugstipps.
Offenlegung:
Meine Reise ins Ruhrgebiet fand in Zusammenarbeit mit Ruhr.Tourismus statt. Meine Reise, Unterkünfte und Spesen wurden für mich übernommen und ich wurde für meine Recherzeit bezahlt. Diese Unterstützung hat es mir möglich gemacht ausführlich über eine Region zu schreiben, die mir sehr am Herzen liegt. Das ändert nichts an meiner Meinung über Currywurst, Pölterparties, Haldenbesteigung und Pilsken.
Mit * gekennzeichnete Links sind Affiliate Links, bei denen ich für die Empfehlung einen Bonus erhalte. Das ist ein guter Weg, mich bei meiner Arbeit zu unterstützen, ohne das es euch mehr kostet.
Wow, wie schön deine Illus sind und wie viel Arbeit dieser Beitrag wohl gemacht hat! Ich muss ihn mir nochmal ganz in Ruhe anschauen, aber ganz spontan schon einmal viele liebe Grüße und herzlichen Dank für die Erwähnung 🙂
Danke, Julius! Das war tatsächlich ne ganze Menge Arbeit. Aber der Pott isses mir wert <3
Whoa! Delfine der Weide, Room Buddies… ich bin etwas verliebt!
On another note: Dieser Artikel kann definitiv als best case example für alle Möchtegern-Blogger, oder solche die es noch werden wollen, genommen werden.
Hach, danke dir Bine! Das geht runter wie Öl! (Ist doch Schwedisch für Pilsken, ne? ;))
Hömma Nina,
getz hab ich doch richtich Heimweh nach meine alte Heimat Düssburch gekricht!
Danke für das Zurückbringen schöner Erinnerungen.
Viele Grüße,
Tatiana
P.S. Und JA, die echte Currywurst kommt ausm Pott! Sowatt von!
Nee watt schön! Ich grüß Duisburch morgen, wenn ich am Bahnhof stehe von dir!
Hey Nina,
toller Artikel! Als Dortmunderin kenne ich natürlich auch die ganzen Vorurteile und freue mich jedes Mal diese widerlegen zu können 🙂 Meistens ist es ja eh so, dass die Leute nicht weiter als in die Innenstadt kommen und das ist ganz schön schade! Wir haben hier ja auch ziemlich viele schöne, ländliche Gegenden (ich sag nur Syburg!).
Allerdings ist meines Wissens nach der Phoenixsee auf Phoenix-Ost anzutreffen und nicht Phoenix-West 🙂 Auf Phoenix-Ost stand die Hermannshütte, danach folgte das Hochofenwerk auf Phoenix-West.
Ich liebe es, mitn Fahrrad nach Phoenix-West zu fahren und umgeben von Stahlöfen in wahrer Ruhrpott-Romantik-Manier ein Bergmann Bierchen zu trinken – der Phoenixsee ist mir da viel zu überlaufen 🙁